i love stress

Vor kurzem wollte ich wieder Warcraft spielen like it’s 2003. Nicht beruflich, nicht einmal privat, sondern völlig gedankenlos wieder Teenie sein.

2003 hat mir Warcraft mehr Spaß gemacht als Kiffen oder Physik, obwohl ich doch eher der Tüp bin, der über eine gute Physikaufgabe dümmlich schmunzelt.
Diese völlig grotesken Aufgaben zu Zwillingen in Raumkapseln oder Wanderern vor Felswänden, die laut „Hallo“ rufen oder, durch beliebiges googlen gefunden:

Wir schreiben das Jahr 2200 n. Chr. Sie reisen in einem Raumgleiter mit einer altertümlichen Pendeluhr auf den Mond.

Und jetzt die Frage:
Geht die Uhr auf dem Mond noch genau?

???
Zu gut.
(Wen es wirklich interessiert, die Lösung findet sich hier.)
Mein Problem: Ich konnte diese Aufgaben nicht lösen, ich konnte nur über sie lachen. Aber natürlich verdanken wir der Physik sehr viel. Teflon zum Beispiel.

Meine Gedanken waren also schnell wieder bei Warcraft, auch belanglos, dafür mit echten Gegnern:

Online gegen ganz Europa Eins gegen Eins.
Du baust dir eine Basis auf, bildest Kampfeinheiten aus und greifst den Gegner an, mit dem Ziel, dessen Basis zu zerstören. Franzosen, so war es damals und ist es noch immer, spielten Warcraft und spielten doch ein anderes Spiel – Minesweeper, Hearts oder Pinball. Totale Loser.

Skurril die Trashtalker, die alles kommentierten:
You suck more than a suck machine set on ’suck a lot‘
– Das war richtig gut, das hast du gut gemacht, das hast du richtig gut gemacht, das war gut
– where r u from? where are your units you loser? hello here you are!

2003 hatte ich die Hälfte meiner Spiele gewonnen, mein erstes Spiel 2017 gab ich nach 3 Stunden zitternd auf und konnte mich die Stunden danach vor Aufregung kaum hinsetzen.
Giant_Schlong hatte mir zu Beginn noch mit hf & gl have fun und good luck gewünscht, um sich dann mit Abwehrtürmen uneinnehmbar zwischen den Bäumen zu verbarrikadieren, während seine Flugeinheiten mir immer wieder zusetzten.

Ich gab nicht auf, weil es aussichtlos war, ich gab auf, weil ich körperlich nicht mehr konnte.
In Sekundenabständen Entscheidungen treffen, wohin die Einheiten schicken, welche Einheiten ausbilden, was macht der Gegner, und das über drei Stunden. Dazu mein Hunger und Durst, es war nur möglich das Spiel für höchstens 30 Sekunden zu pausieren, bevor der Gegner dich rausschmeißen durfte. Die entsetzliche Fratze des Neoliberalismus.

Verkauft doch eure Inseln ihre Pleite-Griechen!
Nehmt den Griechen endlich den Euro weg!

Nach weiteren Spielen lag ich im Bett und war so aufgewühlt, dass ich erst spät, mit Gute Nacht Gorilla, in den Schlaf fand, immer wieder die bunten Warcraft-Wimmelbilder vor mir flimmerten und ich alle möglichen Strategien und Alternativentscheidungen durchdachte. Das Gegenteil von Meditation.

Trotzdem kam ich nach einer Woche auf eine Siegesquote von über 70%, indem ich so früh wie möglich angriff, I love stress, doch wenn ich verlor dann ohne jede Chance.
Wer waren diese Spieler mit Namen wie

TestRicket
Spaceman_gr (Yanis Varoufakis?)
DerFahrstuhl

die ein 15 Jahre altes Spiel so perfekt beherrschten? Und war das besser als bei The Sims den eigenen Sim in einem Schwimmingpool einzumauern, bis er ertrank, weil man kein Bock mehr auf ihn hatte?

Muss kurz zwischenspeichern,

Meter