Luigi war so freundlich ein Foto zu machen. Danke, Luigi, und buona sera.
Das Pannacotta war jedoch nur Theaterpannacota. Das erkennt man an den Balsamico-Malereien, die kein Restaurant auf seine Gerichte pinselt, das ernst genommen werden möchte.
Vor kurzem war ich im Dorf meiner Schwiegereltern in einem italienischen Restaurant, La Scala. In diesem kleinen badischen Dorf unauffällig in die Jahre gekommen – Einrichtung, Personal, Gerichte – würde ich dieser Trattoria in Hamburg St. Pauli wenige Wochen geben, bis es als Kanone, Fiasko oder Kurze Ecke mit entsprechenden Gästen wieder aufersteht. Altes Holz, gelbe Gardinen, Bierdurst und fehlende Zähne. Als erstes kommt das Schild WC nur für Gäste, als nächstes kommt das Schild wieder weg, auch egal, aber dafür geht die Zapfanlage kaputt und fortan gibt es bloß noch Astra in Flaschen und sonst nichts! Gezahlt wird kontaktlos: Anschreiben lassen.
La Scala jedenfalls verfügte über keinen Eintrag auf Google Maps. Sicher würde der Laden kaum über eine 3 hinauskommen, dachte ich mir, als ich den Eintrag erstellte. Aber jetzt, einige Wochen später, steht La Scala mit 18 Bewertungen bei 4,1 und irgendjemand hat die Öffnungszeiten nachgetragen. Dafür ist das Ambiente immer noch zwanglos.
Aber das nur nebenbei.
Ich bewerbe mich gerade um eine neue Wohnung.
Es ist die Wohnung im Flur gegenüber. Sie hat 1 Zimmer mehr und eine größere Küche. Ihr wisst ja, ich habe 2 Kinder. 2 Kinder, die mir meinen Tee nicht wegtrinken, sich nicht einmal die Mühe machen, meinen Tee zu trinken, sondern die teuren Blätter trocken runterwürgen. Aber ich möchte nicht zu viel über die zwei schreiben, sagen wir: Nach Verhütungstipps braucht ihr mich nicht zu fragen. Vor allem Tipps, weil es ja so unklar ist, wie das funktioniert.
Das Haus, in dem ich wohne, ist ein besonderes, deshalb wohne ich hier gern. Ganz in der Nähe ist die Obdachlosenunterkunft Pik Ass, gegenüber städtische Sozialwohnungen, im Viertel liebevoll die Favelas genannt, bewohnt u.a. auch von Gzuz. Aber lasst mich euch meine Nachbarn vorstellen:
M
M ist Privatier und eine Starkstromleitung von Vattenfall hängt ihm in die Küche rein. Vattenfall verbietet ihm die Nutzung, denn diese Leitung gehört Vattenfall. M möchte, dass Vattenfall sie ausbaut, aber Vattenfall sagt, M soll den Elektriker bezahlen, was M selbstverständlich ablehnt. Der zugehörige Briefwechsel beschäftigt M seit Jahren und wenn das Gespräch auf Konzerne wie Vattenfall kommt, kommt ihm der soeben runtergewürgte 1€-Kaffee wieder hoch. Ich wohne in der Wohnung seiner Oma.
Martina Semmelrogge
Martina Semmelrogge ist die deutsche Synchronstimme von Martin Semmelrogge. Damit sie dies auch bleibt, hat sie sich aufs Rauchen verlegt. Mit ihrem verkehrsunfähigen, halb durchsichtigen Fahrrad (sehr viel Tesafilm) versucht sie morgens in der Straße Unfälle im Leasingwagenverkehr der Büroangestellten zu provozieren, die unsere Straße als Abkürzung einer großen Kreuzung nutzen.
Flipp, der Grashüpfer
Flipp ist hager, höflich und sein Parfüm riecht man noch Minuten später im Treppenhaus. Kopfnote: Estragon, Bergamotte, Orangeat – Herznote: Grasse-Jasmin, Maiglöckchen und als Basisnote: Pferdrüde. Wenn sich die Hausgemeinschaft zum gemeinsamen Snack op de Trepp trifft, ist er nie dabei. Auf seiner Fußmatte steht Buhne 18 – dort ist er dann, vermutlich, an einer Strandbar auf Sylt.
M2
M2 ist Leser dieses Newsletters und zu knauserig, sich eine Dunstabzugshaube zu kaufen, obwohl es bei EDEKA vor kurzem eine für 20 Euro gab, worauf ich ihn hinwies Ausrufezeichen. Das Treppenhaus darf seine Freiberufler-Küchenkunst mitatmen. Sein Lieblingsgericht ist Bulette mit Pommes und Mischgemüse. Manchmal macht er auch Suppe mit Klößen. Ich habe ihn noch nie auf einem Fahrrad gesehen, dafür ist er Theaterjogger. Im Umgang mit mir profitiert er von seinem Zivildienst bei Kindern mit besonderen Bedürfnissen.
Der Polizist mit der Pferdehaarallergie
Der Polizist ist Theaterpolizist, also kein echter Polizist. Er spielt Saxophon im Polizeiorchester und ich sehe ihn deshalb häufig unerwartet in der Stadt. Ein neuer Baum wird gepflanzt, eine öffentliche Toilette eingeweiht, Kinderfest im Park – das Polizeiorchester spielt den langweiligen Scheiss den wir alle schon 1000x gehört haben. Der Theaterpolizist hat seinen Balkon derart mit Möbeln zugestellt, dass der Anblick an die Silhouette Singapurs erinnert. Ich habe noch nie mit ihm gesprochen. Die Pferdehaarallergie habe ich mir ausgedacht.
W
W glaubt, dass die letzten Stromausfälle in Hamburg kein Zufall waren. W sagt, zum Glück ist Strom unsichtbar. Als er im Urlaub war, haben wir ihm aus Versehen einen digitalen Stromzähler einbauen lassen. Der Handwerker hatte gesagt: Jeder bekommt einen. W war bei seiner Rückkehr nicht erfreut. Ich sagte ihm, dass ich seinen Stromzähler schon im WLAN gesehen habe.
Meter
Der einzig normale Hausbewohner. Trotz des Klopapiers, das er hortet:
Most people ignore poetry because poetry ignores most people
Happy to be hairy
Happy to be hairy
When the breezes tickle
The hairs of my body
Happy to be hairy
Happy to be hairy
Next best thing
To having feathers
The Apemen’s hairy body song – Adrian Mitchell
Mineral B Element Pro von DeBuyer
Gleichmäßige Erhitzung, schnelle Erwärmung, diese Edelstahlpfanne wiegt 3 Kilogramm und wenn ich sie nicht auf dem Herd habe, trage ich sie sportlich um den Hals oder benutze sie als Fahrradschloss. Sie ist unbeschichtet, komplett recyclebar und funktioniert auch ohne Batterien. Die Patina erinnert mich jedes Mal an die drohenden Folgen des Klimawandels.
Diese Pfanne wäre eine sehr gute Investition für meinen Nachbarn M2, der hier ohne Dunstabzugshaube mitliest und, so meine Vermutung, Buletten ohne Pfanne brät. Die Mineral B Element Pro kann auf einem Gas- oder Ceranherd, aber auch auf einem Nachtspeicherofen oder über einer offenen Kerze betrieben werden.
Mein einziger Kritikpunkt: Ohne Griff wäre die Pfanne noch vielseitiger einsetzbar, z.B. als Pfanne ohne Griff oder Sandkastenförmchen.