Weihnachten im Schacht

Am Großneumarkt kaufte ich eine 2 Meter 30 große Blautanne und bei Amazon eine batteriebetriebene LED-Lichterkette mit Fernbedienung.

Mein Name ist Meter Mütze, ich bin 42 Jahre alt und mein Hobby ist Schacht. Hallo.

In der Wohnung unter mir wohnt Martin. Wenn er Nachts im Bett liegt hört er den Schacht stinken.

„Wie hört sich das an Martin?“
„Ja, wie so’n altes Rührgerät das so komplett im Teig rumrührt, also deine Hand, der Griff und alles ist mit im Teig drin, komplett drin, du rührst den Teig von innen um und legst dann dein Ohr auf den Teig, so klingt das.“
„Achso. Ja.“

Martins Wohnung ist noch voller Bleileitungen und er hat keine Dunstabzugshaube. Im Treppenhaus riecht man es jedes Mal, wenn er sich sein Lieblingsgericht Kartoffelbrei mit Würstchen kocht. Oder Kartoffelbrei mit Fischstäbchen. Oder einfach nur Würstchen mit Würstchen.

Als ich vorgestern mit der Blautanne bei ihm klingelte, öffnete er, sah mich mit Tanne und lachte verzweifelt.

„Jetzt übertreibst du’s aber. Das Teil geht NIEMALS in den Schacht!“

Er ließ mich mit der Blautanne trotzdem noch an seinem Schachtfenster rummachen, gegen rummachen hat schließlich niemand etwas. Doch außer, dass die Tanne seinen ganzen Flur vollnadelte, gelang mir wenig. Überall die grünen Nadeln, Martin bekam ganz schlechte Laune.

Ich kürzte den Baum und war am nächsten Morgen wieder bei ihm.

„Ja, das sieht schon besser aus.“

Mit ruhiger Hand ließ ich den funkelnden Baum mit Geschenk in den Schacht hinab, während Martin sich mit der Fernbedienung durch die 8 LED-Modi probierte. Leuchten, flackern, blinken, Wellen und sämtliche Variationen davon.

Am Vorabend hatte ich die Schachtfrau noch an ihrer Wohnungstür gesehen, wie sie sich nervös umsah, als würde sie verfolgt werden. Kommt vom Rauchen, hm?

Mein Geschenk für sie war die letzte Schachtel Davidoff Gold, ein paar Blumensamen für den Schacht, wunderbarer Snus aus Schweden und 1 handgeschriebene, übertriebene Karte.

Frohes Fest!
Meter