ich habe Würmer

Wir haben Würmer.
Mit diesem Aushang schockierte mich die KITA meiner Tochter letzte Woche. Was für Würmer, what kind of worms – wollt ihr nicht wissen. Hauptsache Hände waschen.
Wenn ich Hände wasche, singe ich dabei immer zweimal Happy Birthday lieber Meter. Denn erst nach 30 Sekunden sind Hände gründlich gewaschen, aber ihr dürft Happy Birthday natürlich auch mit eurem eigenen Namen singen.

Nun habe ich aber tatsächlich Würmer.
In der Küche, in einer Kiste aus Holz. Ich füttere sie mit Teeresten (und was für welche!) und Biomüll. Daraus machen sie dann schwarzes Gold: Allerfeinste Pflanzenerde. Schwarzarbeit im doppelten Sinn, denn ich habe meine 500 Knechte nirgendwo angemeldet.

Sie stinken nicht, sie wurdeln sich nicht aus der Kiste heraus und dass sie kostenlos den Koran verteilen, habe ich auch noch nicht gesehen. Untereinander, und das stelle ich mir vor, erzählen sie sich von den Reisen ihrer Familien, ihrer Vorfahren, unter den Alpen hindurch, durch heißes Lavagestein und ein normallanger und normalgroßer erzählt die besten Geschichten vom höchsten Berg Schleswig-Holsteins, dem Bungsberg und seinen 167 Metern Endmoräne. Allerfeinstes Carbonat! Und tatsächlich ist er ein ganz schuppiger, kalkiger Tüp.

Wurmkiste

Die Essensreste meiner Tochter kann ich den Würmern jedoch nicht geben, denn sie bekommen nichts gekochtes, nur Rohkost. Ich muss die Reste folglich selbst essen, wenn ich sie nicht einfach wegwerfen möchte, auch wenn ich mich jedes Mal frage: Möchte ich eigentlich fett werden?
Ebenso hält mir meine Tochter noch während des Essens ihren vollen Löffel hin und fragt Papa? 4x sage ich nein, danke, aber beim zwölften Mal Papa? hat sie mich. Was soll ich machen?! Sie isst ja auch nicht immer, was ich ihr koche oder zubereite. Ich schneide, würze und schmecke ab, verzichte auf all zu viel Chili und Knoblauch, doch wenn serviert wird hilft nur Daumen drücken. Noch sind ihre Mengen klein, aber bald werde ich eine zweite Pizza essen müssen, oder ein komplettes zweites Reisgericht, die doppelte Menge Kroketten – und die kommen mir schon ab der fünften wieder hoch. Bis dahin liebe ich sie bedingungslos.

In meiner Wurmkiste wohnen drei unterschiedliche Wurmarten: Eisenia foetida, Eisenia andrei und Eisenia hortensis. Sie kamen mit der Post in einem atmungsaktiven Plastiksack und auf dem Beipackzettel stand, es wird sich die Art durchsetzen, der das individuelle Terroir meiner Kiste am ehesten liegt. Außer Teeresten und Kaffeesatz sind das:

– Pizzakartons
– Happy Socks mit Löchern (Ja, sie essen auch Baumwolle)
– Knollengemüse der Saison

Man erkennt die Reste eines Pizzakartons. Ich habe so viele Pizzakartons, ich nutze sie als Notizhefte.

Über den Biomüll in der Wurmkiste schaffe ich eine Wurmart nach meinem Bilde. Eisenia Mütze. Schlanker Fuß, glatt wie nasse Seife und genau wie dieser Monat: Noch lange nicht am Ende.
Meiner Tochter werde ich zur nächsten Wurmwarnung ein paar ganz kleine Eisenia Mützes in die Windel schmuggeln. The Wurmpire strikes back!